Menschzentrierte Lösungen in technischem Kontext
SOFTWARE ALS (ERSATZ-)WISSENSTRÄGER

Viele Softwarelösungen aus technischen Branchen reichen die fachliche Komplexität der Domäne an ihre Nutzer durch. In Zeiten des Fachkräftemangels müssen digitale Produkte aber auch Menschen mit wenig technischem Wissen oder mit verkürzter oder mangelhafter Ausbildung erreichen. Um das zu schaffen, müssen bestehende Vorgehensweisen hinterfragt werden.

EIN VERANSCHAULICHENDES BEISPIEL

Eine Waschmaschine kann Wasser erhitzen (Temperatur in Grad Celsius), kann eine bestimmte Zeit lang laufen (Dauer in Minuten) und kann seine Trommel in einer bestimmten Geschwindigkeit drehen (Umdrehungen pro Minute). Zusätzlich kennen wir das Ziel des Nutzers: Saubere Wäsche.

Nun kann ich den Nutzer mehrere technische Parameter eingeben lassen und ihm viel Glück wünschen oder ich kann mein Wissen einsetzen und diese technischen Aspekte abstrahieren. Über die Benutzeroberfläche frage ich den Nutzer lediglich nach der Art seiner Wäsche und definiere die Parameter für ihn vor. Sportwäsche wird dadurch länger und heißer gewaschen als zum Beispiel Wollpullover. Der Nutzer muss weniger Wissen vorweisen, sich weniger merken. Er muss weniger kognitive Arbeit verrichten und spart Zeit durch geringen Einstellaufwand. Sein Ziel erreicht er sicher und zuverlässig.

ALLER ANFANG IST SCHWER

In der Realität ist natürlich nicht jedes Problem so offensichtlich und jeder Weg dorthin so simpel wie in diesem Beispiel. Aber wer, wenn nicht die Domänenexperten selbst, können dieses Wissen haben bzw. erarbeiten? Erfahrungsgemäß fällt vielen Unternehmen dieses Umdenken immens schwer. Oft wird dabei aufgedeckt, dass ...

  • ... sie die Anwendungsfälle ihrer Kunden gar nicht oder zu wenig kennen
  • ... sie ihre Bestandskunden nicht mit Veränderungen verschrecken möchten
  • ... sie keine Methoden kennen, wie man Anwendungsfälle erhebt und priorisiert
  • ... ihnen die Idee fehlt, wie solche Konzepte im HMI oder UI abgebildet werden können

AUFGESCHOBEN IST NICHT AUFGEHOBEN

Das sollte aber kein Grund sein nicht anzufangen. Frei nach dem Motto "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben" heißt es Ärmel hochkrempeln und loslegen:

  • Identifizieren, wer im Unternehmen das meiste Kunden-Wissen hat (oft der Vertrieb oder Support) oder besonders vertraute Kunden einbinden
  • Nutzerziele aufschreiben oder erarbeiten
  • Identifizieren, wer im Unternehmen das meiste Bestandsanwendungs-Wissen hat (oft die Entwicklung oder Schulungspersonal)
  • Abstraktionsformen für technische Aspekte festlegen, Muster erkennen, Kategorisieren/Gruppieren, …
  • Technische Machbarkeit klären und UI-Konzept erarbeiten

Und falls man mal nicht weiter weiß, ist es keine Schande sich Hilfe zu holen. Bei Fragen oder Anmerkungen schreibt mir gerne eine Mail.

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