Data grids adé
GRUNDLAGEN FÜR INNOVATIVE DATENVISUALISIERUNG

Sie sind in nahezu jeder CAM, ERP oder ähnlichen Business-Software zu finden. Die Rede ist von Data grids - jene kilometerlangen und meilenbreiten Tabellen, die sich so wunderbar einfach mit Unmengen von Daten füllen lassen. Man möchte dem Nutzer ja schließlich nichts vorenthalten!

Jedoch entzieht man sich mit ihrem Einsatz auch vollständig der eigentlichen Verantwortung. Nämlich zu identifizieren, welche Informationen für den jeweiligen Nutzer in seiner aktuellen Situation am relevantesten sind. Einfach den Datenbankinhalt auf den Bildschirm schaufeln und der Nutzer muss sich selbst seinen Weg durch den Datendschungel suchen - ohne Unterst¨tzung, ohne Faden und ohne Mehrwert - darf nicht die Lösung sein.

Auf dem Weg zu besserer Software muss diese Visualisierungsform auf den Prüfstand. Mit den folgenden sechs Schritten legt man den Grundstein für alternative neue Darstellungen und macht gleichzeitig ein bestehendes Data grid ein Stück weit besser.

1 — INFORMATIONSMENGE REDUZIEREN

Im ersten und gleichzeitig schwersten Schritt geht es darum nur die wirklich wichtigen Informationen darzustellen. Dazu müssen folgende Fragen beantwortet werden: Warum ist der Nutzer hier und was ist sein Ziel? Welche Information benötigt der Nutzer um dieses Ziel zu erreichen? Relevanz ist der Schlüssel. Muss der Nutzer wirklich 20 Spalten gleichzeitig sehen, obwohl ein Mensch nur 7 plus/minus 2 Informationsschnipsel gleichzeitig behalten kann (Miller's Law)? Sind die Informationen für den Nutzer in seiner Rolle hilfreich? Gerade technische oder datenbankbezogene Informationen sind oft nur da "weil es schon immer so war". Jedes Attribut sollte durchleuchtet werden.

2 — INFORMATIONSMENGE WEITER REDUZIEREN

Der Schritt ist so immens wichtig, dass ich ihn direkt zweimal aufführe! Mit gutem Requirements Engineering fällt das "Weglassen" immer leichter und das fördert die Übersichtlichkeit. Des Weiteren kann man mit unterschiedlichen Mitteln auch die Anzahl der angezeigten Elemente reduzieren.

3 — FOKUS / AUFMERKSAMKEIT LENKEN

Aus einer Menge von gleichartigen Elementen sticht das am meisten hervor, dass sich am meisten von den Anderen unterscheidet (Restorff-Effekt). Die Gestaltung der Elemente gibt uns also die Möglichkeit bestimmte Elemente hervorzuheben und damit den Nutzer darauf aufmerksam zu machen. Ein durchdachtes Farbkonzept oder gestalterische Mittel wie zum Beispiel unterschiedliche Schriftschnitte zeigen dem Nutzer damit zum Beispiel gezielt Handlungsbedarf auf oder bieten ihm einen empfohlenen Einstieg.

4 — INTERPRETATION VEREINFACHEN

Bei diesem Punkt geht es darum, die übrig gebliebenen Informationen so aufzubereiten und zu visualisieren, dass der Nutzer sie so schnell wie möglich verarbeiten und verstehen kann. Ein simples Beispiel sind Datumsangaben. Statt den Nutzer ein Datum im Kopf mit dem aktuellen Datum vergleichen zu lassen um herauszufinden, dass es sich bei dem Datum um den morgigen Tag handelt, kann man auch direkt "morgen" anzeigen. Des Weiteren spielen hier auch mentale Modelle ein entscheidende Rolle, die ich in einem eigenem → Artikel behandle.

5 — UNTERSCHIEDLICHE PERSPEKTIVEN ANBIETEN

Filter sind wichtig, um die Datenmenge weiter einzuschränken ohne dem Nutzer den Rest vorzuenthalten. Aber auch hier ist es nicht damit getan Spaltenfilter anzubieten und den Nutzer sich selbst zu überlassen. Sinnvolle Filterkombinationen können direkt zugreifbar gemacht werden. In Kombination mit der Anzeige, der zu erwartenden Ergebniszahl, wird der Nutzer ermutigt die Daten aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten ohne das Gefühl für die Gesamtmenge zu verlieren. Komplexe Filtereditoren sind vorallem im Produktmanagement beliebt. Hier gilt die Grundregel: Boolsche Algebra versteht niemand. Der komplexeste denkbare Filter ist selten der komplexeste genutzte Filter.

6 — ABKÜRZUNGEN ANBIETEN

Eine zuverlässige Suche ist essenziell, wenn viele Daten im Spiel sind. Eine Volltextsuche mit direkter Ergebnisanzeige hat sich hier als Best-practice bewährt. Weitere Abkürzungen ergeben sich häufig durch das intelligente Vorbelegen von Eingabefeldern oder in-place Aktionen auf Elementen. Da dies hier aber zu weit führt, behandle ich das Thema Dateneingabe in einem separaten Artikel (in Arbeit).


Den Inhalt dieses Artikels habe ich so oder in ähnlicher Form bereits bei diversen Firmen und Veranstaltungen als Vortrag gehalten. Für weitere Informationen schreibt mir gerne eine Mail.

© 2024 Niklas Petrak — Datenschutz & Impressum